Frauen für den Frieden 2005

Im Namen der Frauen für den Frieden in der Evangelischen Kirche von Westfalen/ Gruppe Bochum möchte ich Sie recht herzlich begrüßen bei unserem gemeinsamen Gang zu den Gräbern von 1700 umgekommenen Kriegsgefangenen und Verschleppten Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern.

Ich begrüße:

  • Valentyna Iwanowa mit Ihrer Tochter NatalijaTupizyna
  • Dina Sapunkowa mit Ihrer Tochter Ala Gorbatenko
  • Jewgenija Kadazkaja, Sie sind 1945 in Unfreiheit hier geboren,
    Ihre Eltern haben sich in der Zeit der Zwangsarbeit in Bochum kennen gelernt
  • Viktorija Netrebinaja mit Tochter Tatjana Boyko
  • Alexej Kozlowskij mit Enkel Maxim Koslowskij
  • Galina Bekrenewa, Sie werden begleitet von Olena Danilowa.
    Frau Danilowa war ebenfalls zur Zwangsarbeit in Deutschland verpflichtet,
    allerdings nicht in Bochum

Und den Dolmetscher, Herr Maljutin arbeitet für die Stiftung in Donezk

Mit Ihnen gemeinsam gedenken wir der hier Ruhenden, die um ihr Leben gebracht wurden hier in unserer Stadt. Es waren Kriegsgefangene und Verschleppte, die damals zu Zwangsarbeit gezwungen wurden in Bochumer Betrieben der Schwerindustrie und in anderen Betrieben unserer Stadt.

Es sind Menschen, die in den Jahren von 1941 bis 1945 hier umgekommen, umgebracht, ermordet wurden von denen, die eigentlich ihre Menschenschwestern und -brüder hätten sein sollen. Seit 20 Jahren, zweimal im Jahr, im Frühjahr und Herbst gehen wir zu den Gräberfeldern hier und gedenken der Toten mit Blumen.

Nach und nach haben wir unsere Versöhnungs- und Erinnerungsarbeit verwurzelt, in die Erde gepflanzt. Wir haben erfahren, dass Erinnern keine leichte Arbeit ist. Wir mussten dabei in die Tiefe gehen, nicht nur an den Gräbern, sondern auch in die Geschichte des Terrors und Schreckens.

Fast 60 Jahre lang sind die Menschen, die auf den drei Gräberfeldern begraben sind, Nummern geblieben. Es gab keine Inschriften der Namen an den Gräbern. Die Frauen für den Frieden haben sich besonders bei der Stadt Bochum dafür eingesetzt, dass Namenstafeln hier aufgestellt werden und damit die hier ruhenden Toten aus der Anonymität des Vergessens gehoben werden. Sie ihre Identität wiedererlangen.

Seit dem 10.Juli 2004 erinnern nun Namensbücher an jede Frau und jeden Mann, die zwischen 1941 und 1945 hier zu Tode kamen, umgebracht , ermordet wurden. Diese Namensbücher, sie sind wichtiges, sichtbares und lesbares Zeichen für die Versöhnungs- und Erinnerungsarbeit in unserer Stadt. Auf Seiten aus Metall sind die Namen eingraviert, damit sie nicht verwittern, nicht zerstört und nicht aus dem Gedächtnis gelöscht werden. So treten die Namen der lang Vergessenen ins Bewusstsein. Sie leben mit uns und mahnen uns zu wacher Verantwortung.

Liebe Gäste, wir haben Ihre Briefe mit Erschütterung gelesen, fast möchte ich sagen, wir haben Sie dadurch kennen gelernt. Und wir empfinden Trauer, Scham und Zorn, dass Sie hier so eine schwere Zeit durchleben mussten. Mit unserer Erinnerungsarbeit wollen wir um Versöhnung bitten und uns mit Ihnen unserer Geschichte stellen.

Lasst uns alle gemeinsam nicht aufhören, diese Gräber zu besuchen. Mit unserer Erinnerungsarbeit wollen wir mitwirken daran, dass junge Menschen sich nicht hineintreiben lassen in Feindschaft und Hass gegen Menschen anderer Nationalitäten, dass sie lernen miteinander zu leben nicht gegeneinander. Mit der Macht des Erinnerns und mit der Versöhnungsarbeit treten wir ein für eine Zukunft ohne Faschismus und Krieg, für eine menschenwürdige Zukunft in Frieden und Gerechtigkeit.

Ich danke Ihnen, liebe Gäste aus der Ukraine/Krim, dass Sie hierher gekommen sind und diesen Weg mit uns gehen.

Wir in Deutschland, wir in Bochum brauchen weiterhin das Nachdenken über unsere Geschichte. Wir brauchen die Erinnerung und ganz besonders brauchen wir die Begegnung mit Ihnen, liebe Gäste aus der Ukraine.

Diese Rosen hier; Rosen, die es in der Ukraine und die es in Bochum gibt, als Zeichen des Lebens, der Begegnung und als Zeichen der Hoffnung.

Annemarie Grajetzky 22. Juni 2005 / Friedhof Freigrafendamm
Anlass: Besuch ehemaliger Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter aus der Ukraine
Frauen für den Frieden in der evangelischen Kirche von Westfalen/ Gruppe Bochum