Bis die Finger qualmen

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Bis die Finger qualmen
Wattenscheid, 18.12.2007 Katharina Uebel

Birgit Böttger-Schefczik strickt im Akkord für leukämiekranke Kinder in der ukrainischen Stadt Donezk.Größtes Sockenpaar der Welt soll den Platz zweier Wohnzimmer ausfüllen

2007-12-18Ihre Finger bewegen sich flott. Seit zwei Stunden. Ohne Pause. Im Sekundentakt. "Ich höre nur auf, wenn ich auf die Toilette muss oder schlafe", sagt Birgit Böttger-Schefczik. Sie ist 46, wohnt am Westenfelder Sachsenring und strickt Socken. Die Arbeit hat sie als Gewerbe angemeldet. Zu Stoßzeiten strickt sie von acht Uhr früh bis zwei Uhr nachts. "Kampfstricken" nennt es Böttger-Schefczik. Den Arbeitseifer hat sie seit neun Jahren für Kunden aus Deutschland, der Schweiz und Mexico. Zudem will sie bis Sommer 2008 das größte Sockenpaar der Welt fädeln. Der Enthusiasmus hat einen uneigennützigen Grund: Engagement für leukämiekranke Kinder aus der ukrainischen Stadt Donezk - seit 20 Jahren Partnerstadt von Bochum.

500 Kinder bis 18 Jahre werden im Durchschnitt pro Jahr im onko-hämatologischen Kinderzentrum des Instituts für Sofort- und Wiederherstellungschirurgie Donezk betreut. "Aber die Klinik hat kaum Geld", sagt Böttger-Schefczik. Es reicht für optimale Behandlungen nicht aus, obwohl das Kinderzentrum vom Staat finanziert wird. Böttger-Schefczik nimmt das zum Anlass, den Kindern einen Teil ihrer Einnahmen für Medikamente zu spenden.

Während die geschäftige Frau spricht, ziehen ihre Finger mit einer Nadel einen Faden in eine Schlaufe. Wieder und wieder. Sie guckt nicht hin. Muss sie auch nicht. Sie weiß, ihr Handwerk ist top. Die Sorge, die Böttger-Schefczik hat, ist, dass sie trotz Besuchs arbeiten kann. Die Socke soll in vier Stunden fertig sein. Dann kommt die nächste dran, um das Paar für einen Kunden aus Nürnberg komplett zu haben.

Von gewöhnlichen Socken wie diesen fließen pro Paar 50 Cent auf ein Konto der Gesellschaft Bochum-Donezk. Die Gesellschaft, mit Sitz in Bochum, kooperiert mit dem Kinderzentrum in Donezk. Die dort leitende Ärztin, Dr. Ekaterina Viltschevskaja, schickt Bestelllisten von Medikamenten, Hygieneartikeln und medizinischen Geräten an Professor Werner Havers, Ärztlicher Direktor der Universitätsklinik Essen in Ruhestand. Havers berät Viltschevskaja bei der Wahl der Ware und die Gesellschaft Bochum-Donezk kauft diese ein. Böttger-Schefczik ist seit zehn Jahren Mitglied der Gesellschaft und seit fünf Jahren zweite Vorsitzende. Ehrenamtlich.

Nicht nur die kleinen Socken, auch das vielleicht größte Sockenpaar der Welt soll Geld und Aufmerksamkeit für die an Leukämie erkrankten Kinder in Donezk bringen. Böttger-Schefczik startete Januar 2004 einen Aufruf auf ihrer Internetseite für die Riesensocken. "Wer sich an der Aktion beteiligen möchte, strickt einen Baumwolllappen und spendet einen Euro pro Lappen für die Kinder", sagt sie. Die Teilnehmer schicken ihr die Lappen nach Hause, die sie zu dem großen Sockenpaar zusammen näht. 2073 Baumwolllappen hat sie bisher per Post erhalten. Wie groß die Riesensocken werden? Böttger-Schefczik schätzt, dass jede Socke "den Platz von zwei Wohnzimmern ausfüllen wird".

Ist das große Paar Socken komplett genäht, will sie es symbolisch mit Spielzeug drapieren - für Kinder der Klinik und für Kinder aus Heimen in Donezk. Die Spielsachen, die Böttger-Schefczik ab Februar 2008 sammeln will, werden mit Lastautos nach Donezk transportiert. Die Socken bleiben in Bochum.

Quelle: derwesten.de